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Fahrradtour von Basel in der Schweiz nach Genua in Italien
Tour und Text von Joachim Stevens
vom 23.07. bis 06.08.2006 - die Fortsetzung meiner Radtour von 2005
Prolog
Ich habe es wahr gemacht und bin da wo ich 2005 mit meiner Radtour aufgehört habe weiter gefahren.
Basel war also der Startpunkt. Weder Volker noch Anke wollten mitkommen - also wieder Solo.
Im Nachhinein denke ich, dass es wohl auch gut so war. Man muss sich quälen können und auch ein paar Körner antrainiert haben. Die Alternative wäre, man hat viel Zeit und ist bereit nur mit halber Kraft voran zu kommen.
Ich konnte fahren, wie mir danach war und habe trotzdem keine Lange Weile gehabt. Überall traf ich Menschen für einen Schwatz.
Los gings dieses mal in Schönefeld. Leider war bei "Easyjet" eine Verpackung fürs Fahrrad erforderlich. Beim Händler bekommt man die ja problemlos, nur anradeln zum Flughafen ist so nicht möglich - ein Nachteil.
Einen Tag vorher aufs Autodach gepackt und mit dem Fahrradschloss gesichert, so konnte es morgens los gehen.
Das Werkzeug im Handgepäck für die schnelle Montage in Basel war zwar technologisch gut gedacht, aber nicht sicherheitstechnisch!
So kam doch leichte Unruhe auf, als ich aus dem Sicherheitsbereich zurückgeschickt wurde, das zu ändern.
Von Basel zum Bodensee
Ankunft nach 90 Minuten in Basel. Mit den Ortlieb Taschen kam auch gleich das Rad und die Montage am Koffer- "Karussel" konnte beginnen.
Links die leere Verpackung rechts das Rad, so gings raus aus der EG und rein in die Schweiz.
Der Gendarm sagte auf Nachfrage, stellen sie den Karton einfach draussen ab. Pappcontainer waren da wirklich nirgends zu finden.
Das sind so die kleinen Randproblemchen.
Start bei ca. 25Grad Frühtemperatur. Mittags waren es immer über 30Grad. Auch in Berlin stöhnte man schon länger wegen einer Hitzeperiode.
Mein Vorteil war, dass ich fast immer den Rhein neben mir hatte, der zumindest optisch Badewannen - Wasser führte also Abkühlung fast immer möglich war.
Witzig fand ich die Sitte, die ich gleich erstmals in Basel sah, dass sich viele Badende in die starke Rheinströmung begeben haben und sich ohne Anstrengung schwatzend, flirtend oder sich sonnend kilometerweit haben treiben lassen.
Auch Schwimmhilfen Schlauchboote Kanus kamen zum Einsatz rückwärts seitwärts vorwärts trieben sie.
Vorbei am Endpunkt meiner Radreise des vergangenen Jahres ging es mit Hochgefühl durch Basel.
Im Vorjahr dachte ich, alles wäre flach hier - Irrtum, es gab dann doch gleich eine kurze Schiebestrecke.
Eine Badestelle verlockte zum ersten Bad. Anschliessend hatte ich meinen ersten Lerneffekt, nämlich entweder nach Karte fahren oder die bestens plazierten und immer vorhandenen Schweizer Velorouten - Hinweisschilder beachten sonst verfährt man sich.
Ich entschied mich für letzteres zumal meine Reiseplanung den Rhein nachzufahren bis zur Quelle mit der Veloroute 2 identisch ist.
Die Karte war trotzdem nicht umsonst ein Schnäppchen, ist sie ja nicht unbedingt gelegentlich übersah man doch ein Zeichen oder wollte wissen, wie weit es noch ist, wo man sich befindet und wo ein Zeltplatz ist.
Kleine Erfolgserlebnisse sind immer die Stellen, wo man umblättern kann - jedenfalls für mich.
Nett die Schweizer Menschen: in einem Auenwald schallte es mir laut und unverhofft entgegen "Grüetzi".
Aber nicht nur hier. Hallo war meist meine Antwort, einen Gott liess ich nicht grüssen als Preusse.
Die erste fest im Boden eingewurzelte Palme wollte ich auf meinem Weg nach Süden besonders würdigen. Schon auf der Alpen- Nordseite recht unspektakulär musste ich meinem Vorsatz in die Tat umsetzen.
In einem Vorgarten war sie eingepflanzt. Die Hausfrau kam dazu und erzählte dass sie sehr tief frostfrei eingewurzelt wurde und auch mit Drainage unter den Wurzeln versehen ist.
Ausserdem stammt diese Hanfpalme aus dem Tessin und ist von dort her auch Frost gewohnt.
Eine Palme entsprechend meinem Vorsatz war dann erst wieder auf der Alpensüdseite zu sehen.
Erstaunlich, dass bei der grossen Trockenheit an diesem Wochenende überall am Rhein Leute am Ufer sassen und ein kleines Holzfeuer unterhielten, über dem sie leckere Sachen brieten.
Einen Grill wie hier in Deutschland gebräuchlich sah ich eigentlich nie. Erst eine Woche später las ich, dass man ein Verbot in bestimmten Gegenden aussprechen wollte, Feuer anzuzünden.
In Deutschland war schon längst Waldbrandwarnstufe IV ausgerufen worden.
Meine erste Nacht verbrachte ich auf einem sehr schönen Zeltplatz auf der deutschen Seite des Rheins, in der Nähe von Waldshut nach einer Etappe von ca. 80 km.
Zwischendurch hatte ich häufig Pausen gemacht: gefilmt und fotografiert. Also eilig hatte ich es nicht. 14 Tage mussten aufgeteilt werden bis zum gebuchten Rückflug ab Bergamo bei Mailand.
Im dazugehörenden Restaurant kam ich mit Frauen ins Gespräch. Sie waren auf der Rückreise und kamen genau daher wo ich hinwollte. Jedenfalls bis dahin war meine Planung so - den Gotthardpass bezwingen.
Logisch, dass Quartiers - Empfehlungen und sonstige Hinweise ausgetauscht wurden.
Schon bei dieser Etappe I gabs mal kurze Anstiege, aber nicht kraftraubender als ein Müggelbergsaufstieg - eher weniger.
Bis weit in die Alpen hinein änderte sich das nicht. Im Gegenteil es wurde flacher. Kurios der Grenzverlauf bei Gailingen.
Mal ist man wieder kurz in Deutschland dann in Helvetia. Bei Dunkelheit wäre es verboten diesen Weg zu fahren, denn einen Kontrollpunkt gibt es hier nicht, nur einen hochgezogenen Schlagbaum.
Am Kiosk in Deutschland kann man schnell ein Bier für Euro bekommen, bevor man 400m weiter wieder im "Frankenland" ist.
Später in Italien habe ich es vermisst und hier in der Schweiz bei der Hitze genossen: in passenden Abständen in den Dörfern sind Brunnen, aus denen mit schwachem Strahl Trinkwasser in einen mehr oder weniger kunstvollen Trog plätschert.
Der Strahl füllte
Die Trinkflaschen der Trog kühlt den ganzen Mann mindest aber dessen Kopf manchmal auch die Füsse.
Auf diesem Abschnitt meiner Radreise waren sehr viele Fernradler unterwegs, so dass man gute Tips bekommt.
Ein Tip war, unbedingt Stein am Rhein anzusehen. Das habe ich wirklich nicht bereut, dieses schöne Örtchen mit historischen kunstvollen Bauten ist wirklich sehr sehenswert.
Am Abend zuvor war bei Wagenhausen Etappenziel auf einem prima Zeltplatz. Ein Ehepaar, dass am Tag zuvor schon meine Nachbarn waren, waren es zufälliger Weise wieder. Die Rheinfälle bei Schaffhausen interessant anzusehen, dann nach ca. 3 km die recht grosse Stadt wo viele junge Leute u.a. von Brücken in das Wasser des Rheins sprangen und sich treiben liessen.
Irgendwie war ich neidisch. Ich musste immer wieder zum Rad zurück, die Leute hier hatten sich ihren Rücktransport sicher organisiert.
Einmal tat ich das auch und liess mich treiben und filmen, aber es waren nur mickrige 200m die ich im strudelnden Strom trieb.
Die empfohlene Jugendherberge war leider voll, so dass ich im Dreieck Österreich Schweiz Deutschland bei Altenrhein nach 251km wieder einen Zeltplatz suchen musste.
Vorbei an einem "Hundertwasser"- Gebäude fahrend fand ich ihn zwei km vor Österreich.
Laden der Akkus für die Videokamera, eine Abendbeschäftigung, denn das funktioniert nur an der Kamera. Ein separates Laden per Ladegerät ist nicht möglich.
So ist bewachen der Kamera im Waschhaus angesagt.
Südwärts
Ländersammeln - deshalb fuhr ich am nächsten Morgen nach Österreich, auch weil Liechtenstein auf der österreichischen Seite des Rheins liegt und da wollte ich durchfahren.
Frühstücken wollte ich in Österreich 20m hinter der Grenzbrücke, ohne Kontrolle. Dort war ein kleines Gartenrestaurant mit heftigen Preisen.
Einen Bäcker mit Stehcafe wie man es in Deutschland kennt gabs hier nicht. Von solchen gewohnten Dingen muss man sich sowieso bei einer Radtour lösen. Es wird schnell anders als gewohnt!
Ein Schwatz am Tisch mit einem Rentnerehepaar, gute Empfehlungen entgegen den Karteninfos und weiter gings.
Auenwald
Wind von hinten! So kam ich schnell voran. Dann kam der 90Grad Knick der Route und es ging gen Süden! Für mich ein markanter Punkt.
Immer noch flach rechts und links aber Berge mit mehr als Mittelgebirgsqualität sichtbar.
Erwartungsvoll wann denn nun die Stunde der Wahrheit kommt, fuhr ich weiter. Sie kam zwei Tag später.
Der Rhein war nicht mehr der, der er mal war. Das Bett führte wenig Wasser. Steiniger Grund war zu sehen, manchmal bis zu zwei Drittel vom Flussbett. Das Wasser sah hier auch milchig trüb aus niemand badete. Nur ab und an waren ein paar Angler auf den Sand- nein Steinbänken zu sehen.
Dass ich in Liechtenstein angekommen war, hätte ich fast verpasst ,wenn ich nicht gefragt hätte.
In Vaduz unterhalb der Burg machte ich Pause. Der Fürst war oben anwesend, die Fahne war aufgezogen, so erklärte man es mir. Mal sehen wann Deutschland wieder gegen Liechtenstein im Fussball spielt. Am Stadion bin ich vorbei gefahren, gleich am Rhein.
Hohe Bälle und der Ball ist weg - im Wasser!
Alle Brücken, die ich hier sah, sind übrigens überdacht. Mit Hilfe so einer Brücke wechselte ich das Ufer und fuhr linksrheinisch weiter. Die Berge rückten näher und manchmal dachte ich, jetzt passierts. Aber immer war es eine Frage der Perspektive und es gab einen Bogen und weiter ging es fast unmerklich Höhenmeter gewinnend auf dem Deich entlang.
Wieder ein Zeltplatz bei Bad Ragaz. Ein Weltenbummler per Rad unterwegs erzählte von einer Australien Umrundung mit dem Fahrrad und noch anderen grossen Sachen die er gemacht hatte. Ja ja, man kann schon was erleben in seinem Leben so oder so.
Umgeplant
Am nächsten Tag so kündeten die Zacken in der Radkarte, wird es ernst. Zuvor war aber die Kantonshauptstadt von Graubünden Chur noch zu durchfahren. In einem Sportgeschäft war ich wild entschlossen mir Outdoor - Sandalen zu kaufen es gab aber nur zwei Ausführungen.
Ich verschob das zugunsten Camp 4 in Berlin. Der junge dynamische Verkäufer war erstaunt, dass ich über den Gotthard Pass fahren wollte und nicht über den St. Bernhardino. Bei der Hitze wäre der Bernhardino viel besser, denn der Weg dahin ist mehr im Wald und er ist schmaler und deshalb besser beschattet. Ausserdem um ein Drittel kürzer.
Vorher hatte ich auch immer von Schweizern die Vermutung gehört, dass ich den Bernhardino nehme. Die werden sich ja auskennen, dachte ich. In mir keimte die Hoffnung auf nicht nur die italienischen Oberseen kennenzulernen, sondern es sogar bis zum Mittelmeer zu schaffen.
Der Verkäufer hatte mich überzeugt, ich plante um. Kartenmaterial hatte ich dabei, jedenfalls für die Schweiz. Für Italien gabs nur eine Autokarte 1: 1 000 000, die ich aus einer grossen gesamt Italienkarte ausgeschnitten hatte.
Es war eine gute Entscheidung, denke ich. So bin ich ab Chur der Veloroute 6 nachgefahren. Fernziel Lago Maggiore, im Tessin via Kontonshauptstadt Bellinzona, aber über den Bernhardino!
Jetzt wird es ernst
Da, wo der Sechser sich vom Zweier trennt, geht es auch gleich hoch. Man darf noch einen Golfplatz aus erhöhter Lage bewundern und dann absteigen. Leider vergass ich den erstmals gelesenen Hinweis zu notieren "steigt auf 3000m um 300m" oder sinngemäss anders.
Aber mit Gepäck hat man keine Chance, ohne wohl auch nicht. Also schieben! Aber nach verträglichen 20 Min war die fast einzigste Schiebeaktion meiner Reise beendet. Höhe gewonnen und per Schaltung und Pedalkraft weiter gewinnbar.
Mein Radio am Rad, dass ich immer dabei habe, schickte erstmals italienische Klänge in mein Ohr. Die Architektur der Dörfer kam mir auch schon etwas verändert vor. Immer wieder die netten Brunnen - Danke ihr Schweizer Brunnenbauer.
Nachdem ich die Schiebestrecke bewältigt hatte, gings waagerecht weiter und am Berg entlang. Steinschlag gefährdet war es: Steine lagen auch reichlich herum aber ich habe keinen abbekommen und auch keinen gesehen der in Bewegung war gut so.
Dann gings wieder abwärts, ist ja nett. Bedeutet aber irgendwo muss es wieder aufwärtsgehen, also nur halbe Freude. Bis zum nächsten Übernachtungsplatz in Andeer bei km 396 hielten sich die Steigungen in Grenzen.
Alles biedere Dauerzelter, meine Nachbarn. Aber sehr interessiert. Akku Ladung prima machbar beim Nachbarn und Schwätzchen gehalten.
Aber über den Bergen nebenan gab es schon abends dunkle Wolken. Nachts im Small Dreamer- Zelt war es vorbei mit Dreaming wegen der Geräuschentwicklung des Gewitters.
Nässe war kein Problem. Das war die erste Bewährungsprobe diese Zeltes. Sein Vorgänger war voll durchgefallen, es versprühte Minitropfen bei Starkregen.
Irgendwie schlief ich weiter und wurde fit für den nächsten Tag. Im kleinen Ort ein Bäcker: lecker Frühstück, gleich gegenüber ein Supermarkt für die Reiseverpflegung alles perfekt.
Aber am Ortsausgang gings heftig hoch, es waren auch gleich zwei Tunnel zu durchfahren.
Glücklicherweise war Auto und Zweiradverkehr spärlich, denn die Autobahn verlief immer in der Nähe parallel. Es ist nicht erfreulich den Tunnel mit dem Fahrrad zu durchfahren, wenn dann noch ein Motorrad kommt, glaubt man es wäre ein startender Düsenjet, mindest aber ein Hubschrauber.
Ob man gesehen wird, weiss man auch erst hinterher. Die Fahrbahn ist zwingend, denn die Benutzung des schmalen Gehwegs daneben kann mit Anstossen an der Tunnelwand enden.
Eine schöne Schlucht namens "Roflaschlucht"- touristisch erschlossen war der Lohn der mühseligen Bergfahrt. Aber nicht nur diese Schlucht war sehenswert die ganze Strecke war hier herrlich anzusehen.
Manchmal öffnete sich das Land, die Berge traten etwas zurück und es ging landwirtschaftliche Wege hoch auf den Bergfuss.
Diese Wege waren für Traktoren konzipiert, wohl nicht für Radler, so dass ich dann manchmal das Ende des kurzen Anstiegs herbeigesehnt habe für eine Pause den Puls wieder runterzubekommen.
Einmal waren zwei Baufahrzeuge am Hang zu sehen, es wurde eine Mure, die infolge des Gewitters nach Trockenheit in der Nacht abgegangen war, beseitigt.
Man hatte schon einiges weggeräumt, sonst wäre ich wohl nicht durchgekommen. Auch Baumfällarbeiten waren ein Stück weiter angekündigt, deshalb war der Weg mit "Flatterband" gesperrt. Ich fuhr trotzdem da lang und hatte Glück, man hielt mich nicht auf.
Die Arbeit war wohl schon weitgehend erledigt, sonst konnte ich mir vorstellen bei der Fülle an Baumstämmen, dass ich da nur mit umtragen durchgekommen wäre.
Noch mal Kraft tanken
Weit war ich noch nicht gefahren, eigentlich wollte ich an diesem 6.Tag meiner Tour den Bernhardino schaffen, da sah ich graue Wolken über den Berg kommen.
Ein uriges Bergdorf, das letzte vor dem Pass, hatte wieder einen Brunnen. Ich füllte die Trinkflaschen, um für die erwarteten Strapazen gerüstet zu sein.
Bei der Gelegenheit fragte ich eine vorbeikommende Frau nach Einkaufsmöglichkeiten. Sie meinte, dass ich den Pass bei dem zu erwartenden Unwetter lieber nicht hochfahren sollte und verwies auf die Übernachtungsmöglichkeit im Dorf.
Für 35 Franken habe ich incl. Frühstück, dass selbst bereitet werden musste, eine wundervolle Unterkunft bekommen. Hier in "Hinterrhein", angeblich dem ältesten Dorf der Schweiz. Kaum hatte ich das Zimmer bezogen, wollte gerade auf dem Balkon den Pass beschauen, da begann es heftig zu hageln.
Die 35km die ich erst gefahren war, taten mir nicht leid. Ein Buch über die Historie des Dorfes war sehr interessant zu lesen. Bergbauernarbeit und Leben Anfang des letzten Jahrhunderts.
Na ja der "Glotze mit ARD und ZDF konnte ich dann auch nicht widerstehen. Später gabs trotz SAT nur noch Italiano in solchen Kisten.
Ausgiebig Kaffee gebrüht und kräftig gefrühstückt, es war reichlich in der Küche vorhanden, hiess es Taschen ans Fahrrad befestigen noch mal den Willen stärken und losradeln.
Der Pass mein Meisterstück
Etwa 1500m und der Fuss des Passes war erreicht. Die motorisierten Verkehrsteilnehmer verschwanden gleich unten im Berg, ich musste mich mit eigener Kraft die Serpentinen hochschrauben. Los gings also.
Erst mal weit nach rechts ausgeholt, dann ein Schwenk nach links und etwa 20 Kehren begannen. Ich muss sagen, die Steigungen waren akzeptabel, im Vorfeld hatte ich schon heftigere bewältigt.
Der Schweinehund in mir sagte, an der nächsten Kehre machst Du Halt, aber wenn diese erreicht war besiegte ich diesen blöden Hund und fuhr weiter.
Ich hatte so schon eine respektable Höhe erreicht, als ich beschloss doch anzuhalten zu filmen und zu fotografieren. Insgesamt hielt ich vier mal an. Autos fuhren auch hier hoch aber anfangs sehr spärlich oben überholten mich dann doch etliche.
Ungefähr auf halber Höhe klatschte eine Familie aus Bayern Beifall und ich bekam anerkennende Worte von ihnen.
Meine Einfahrt habe ich noch mal wiederholt, um gefilmt zu werden. 2066 m über NN stand auf dem Schild oben auf dem Bernhardino. Rennradler waren hier etliche, aber es kamen auch zwei Tourenradler nach mir an. Es gab Glückwünsche und gegenseitige Fotos wurden gemacht.
Kurzes Verweilen in der Hütte hier oben und abwärts gings rein in den Tessin, der italienisch sprachigen Schweiz. Die Kehren kamen mir steiler vor als auf der Nordseite. Nach vielen davon, eine Stadt nur noch italienisch beschriftet.
Dann sogar ein Anstieg, ich dachte schon ich wär unten, aber dann gings endlos weiter mit den Serpentinen. Für mich ja glücklicherweise abwärts. Ich glaube auch die Gegenrichtung hats viel schwerer.
Ich habe mir meine Höhe über NN im Vorjahr von der Nordsee kommend und dann bei der Tour den Rhein entlang fast unmerklich erarbeitet. Über mehr als tausend Kilometer. Von jetzt ab brauchte ich bis Bellinzona kaum noch zu treten. Nur um schneller zu fahren war das nötig.
Wieder ein Tal rechts und links die hohen Berge mit interessant zu sehenden Wasserfällen. In Bellinzona von rechts das Tal, das ursprünglich mein Weg sein sollte.
Wieder unten - am Lago Maggiore
In einem Mündungsdelta des Ticino, sicher sehr fruchtbar, denn der Mais stand meterhoch, ging es auf den Lago Maggiore zu. Auf einem Zeltplatz vier Kilometer vom See entfernt wollte man gerade noch einen Platz frei haben.
Ich wollte aber direkt am See zelten, also weiter. Riesiges Gewusel am Seezeltplatz in Tanero bei Locarno. Nur noch ein bestellter Platz war bis zum nächsten Tag zu haben, für den Wucherpreis von 42Fr.
Mir blieb nichts übrig, ich nahm ihn. Ich fing an geschwitzt wie ich war aufzubauen, da kam ein Mädchen mit einem Becher Orangensaft - gegenüber winkten die Eltern. Kurz danach kam das Mädchen wieder - mit einem Teller Gegrilltem.
Ich bedankte mich bei den Eltern aus der Schweiz und lobte die Schweizer Menschen, die so mein Eindruck alle nett sind. Abends eine Pizza im Restaurant, morgens wieder eine Einladung zum Frühstück am Strand angenommen, mit ausgiebigen Schwatz.
Danach fuhr ich erst mal den Radweg zurück im Delta. Dann einen Weg nach rechts, denn in dieser Richtung sah ich eine Strasse die sicher weiter als Uferstrasse in meine geplante Richtung führte.
Allerdings kam erst mal ein Gehöft, daneben ein Feldweg diesen fuhr ich weiter. Anbei war ein Flugplatz für Kleinflugzeuge.
Mein Weg wurde immer unscheinbarer, ich wollte aber nicht umkehren. Irgendwann war es nur noch Wiese über die ich fuhr. Nebenan die Landebahn des Fluglatzes, rechts hinten Gebäude und verpackte Segelflieger.
Ein Mann pfiff und gestikulierte. Ich fuhr auf ihn zu, er schimpfte irgendwas u.a. hier ist ein Flugplatz. Ich hatte aber wirklich kein Verbotsschild gesehen.
Vom Seiteneingang des Flugplatzes war die Strasse schnell gefunden und am ersten Ort am Seeufer füllte ich meine Trinkflaschen. Ein Fernradler - Pärchen tat dies auch. Sie hatten bessere Karten dabei, wollten auch nach Genua. Gekommen sind sie aus Stuttgart.
Ich notierte mir die anliegenden Orte ihrer geplanten Route, denn meine Autokarte für Italien war sehr grob.
Ein älterer italienischer Rennradler kam noch hinzu, aber es war nur Gestik möglich. Kein Wort englisch, tedesco schon gar nicht. Aber den Broocks Sattel, den er und ich hatten, freuten ihn.
Wunderbare Aussichten auf den See. Malerisch die Häuser und Gärten, auch kleine Schwimmbäder in den Buchten nah der Strasse. Dann die Grenze, 20 m davor das letzte Restaurant.
Mit Seeblick habe ich zu Mittag gegessen. Die Franken mit ordentlich Verlust in Euro getauscht und bin zurück in unsere Gemeinschaft geradelt, EG genannt. Durchgewunken.
Italien
Schnell wurde es italienisch. Ein Radweg gab es ja entlang des Sees auf Schweizer Seite schon nicht mehr, aber der Verkehr war in der Schweiz mässig. Irgendwoher kamen sie, ich weiss nicht woher, aber sie kamen: Motorräder im Pulk, Autos ohne Ende.
Irgendwo neben der Strasse auf einem Felsen lagen schöne Menschen, manche sprangen ins blaue warme Wasser. Ich tats ihnen nach, wäre sicher länger im Wasser geblieben, wenn nicht die Angst um die Fahrradtaschen oben am Rad wäre.
Ich erreichte Luino und beschloss mal ein Schiff zu nehmen. Zwei Stunden später, nach ordentlich Gelato - Konsum einem Bad und Picknick, ging es los.
Das Ende des Sees erreichte ich faul auf dem Schiff sitzend und die malerischen Orte am Ufer betrachtend, denn das Schiff fuhr viele Stationen an. Langsam schwanden die Berge rechts und links. Zuletzt war es nur noch hügelig.
Der Zeltplatz bei Angera war meine nächste Station. Das Pärchen aus Stuttgart war per Pedalkraft auch schon angekommen. Das Klo erinnerte mich an eine Armeeübung mit der NVA 1968 in Kasachstan.
Hier jedoch war dieses Hockklo incl. Zeltplatz nur für einen ordentlichen Preis zu haben, dessen Höhe ich vergessen habe.
Kurz nach der Abfahrt war das Ende des Sees erreicht. Am Anfang mit malerischer Landschaft und schönen Orte begrenzt am Ende war viel Schmutz in den Grünstreifen und eine rostige Doppelstockbrücke, unten Bahn oben Autos und ich zu sehen.
Die Po Ebene in Ligurien
Heiss war es und massig Autos unterwegs. Ich fuhr jetzt nach Strassenkarte und gutdünken. Auch nicht in der Folge der Orte die ich vom jungen Paar übernommen hatte.
Es war überall ziemlich unaufgeräumt und langweilig. Jedenfalls bis Montara, meinem nächsten Ziel war es so. Zeltplätze gabs laut Karte nirgends, deshalb habe ich ein Hotel genommen, das war bei km 619.
Heruntergefeilscht auf 20 Euro, abends im Restaurant eingeladen von Stahlfachleuten, die auch schon mal zu DDR Zeiten in Brandenburg waren, und hier das Elektrostahlwerk mit aufgebaut hatten.
Alexandria, in der Nähe dort ist das Zentrum der italienischen Stahlindustrie, das erfuhr ich am Abend. So war es ein netter Abend viersprachig englisch, russisch, einer der Monteure war mit einer Armenierin verheiratet, deutsch und italienisch.
Die folgende Etappe war rar an Highlights. Dazu zählten die Reisfelder, die ich zum ersten mal in meinem Leben sah. Hier in der Po Ebene dominierten sie die Landschaft.
Ausserdem gabs eine Einkehr in eine echte urige Trattoria mittig zwischen den Feldern gelegen. Eine nette deutsche Frau wollte mir bei der Bestellung helfen, kam extra vom entgegengesetzten Gartenplatz zu mir rüber.
Ihr Mann, ein Italiener, war aber auch dabei mit dem hatte sie Stress denn sie warteten auf den italienischen ADAC. Das recht neue Auto Fiat sprang nicht an.
Italienische Männer und der ital. ADAC sollen nervig sein. Ich war vielleicht 5 km unterwegs, da gabs ein Hupkonzert und aus allen Fenstern der Autos die mich überholten winkten die Familienmitglieder.
Der Fiat fuhr wieder und die netten Leute fanden vielleicht meine tröstenden Worte auch ganz nett, dass es solche Ereignisse sind an die man sich später erinnert. Wenn alles schön war, ist es nicht der Erwähnung wert.
Radwege waren hier natürlich Fehlanzeige. Trucks zahlreich, die knapp auch bei Gegenverkehr überholten und gleich wieder auf den rechten Fahrstreifen zurückfuhren, obwohl sie noch gar nicht vorbei waren.
Blick nach links, so fand ich war sinnvoll ob nicht noch ein Hänger dran ist der mich ins Reisfeld drückt.
Es ging alles gut war aber höchst unangenehm. Einmal wäre ich fast zum "Geisterradler" geworden, ich glaube die "Carabinermänner" waren schon unterwegs mich zu verhaften.
Ich fuhr ja nach den blauen Strassen - Hinweisschildern die für Autobahnen waren grün. Irgendwann gabs einen Hinweis der genau für meine Richtung passend war, ich bog dem Hinweis folgend links ab, es ging eine Tangente hoch und schon war ich auf einer Schnellstrasse.
Links zwei Fahrstreifen rechts zwei Fahrstreifen dazwischen Leitplanken ein schmaler Standstreifen war wohl auch vorhanden. Radverbotszeichen gabs wirklich nicht, sicher weil in Italien Fahrräder nie vorkommen.
Nach hundert Metern kamen mir heftige Zweifel, die auffahrenden Autofahrer beachteten mich nicht, auf meine fragenden Gesten bekam ich keine Resonanz. Ich schob zurück.
Als ich wieder auf der anderen Strasse 300m unterwegs war, kamen die Carabinieri mit Blaulicht die Auffahrt hochgebrettert. Ich vermute, ich war Ziel ihrer Begierde! Zu spät Jungs, bringt die Beschilderung in Ordnung. In Berlin mache ich das manchmal auch - dachte ich bei mir!
Wieder aufwärts
In Arquata, am 2.8. bei km 701, war nichts mit feilschen. 30-Euro musste ich für das primitiv Hotel berappen. Stadt besehen, Pizza essen, schlafen gehen, morgens den Ligurischen Bergen, die höchste Erhebung 1600m, entgegen radeln, so gings weiter.
Nicht zu vernachlässigen, aber irgendwie hat die gemeisterte Alpenquerung eine leichte Überheblichkeit in Radfitness Dingen bei mir hinterlassen, muss ich gestehen.
Wieder ein Tal. In der Nähe eine Bahnlinie und eine Autobahn, die Berge. Berge des Südens, nicht wie Alpen oder Harz, anders der Anstieg milde.
So etwas wie einen Pass gab es zuletzt auch, er war sogar sehr steil, weil die Strasse sich nicht in Serpentinen hochschraubte, sondern immer geradeaus um den Berg herumging. Mit 5-9km/h fuhr ich hoch, ohne zwischendurch abzusteigen.
Oben genoss ich es erst mal, es geschafft und bald Genua erreicht zu haben. Eine schöne Abfahrt folgte. Jetzt mit südlicher Vegetation am Rande der Strasse. Orangen und Zitronenbäume waren u.a. in den Gärten zu sehen.
Am Mittelmeer
Dann Genua jedenfalls das Ortseingangsschild. Ich war happy, nur mit Mittelmeerblick war es zwei Stunden lang nichts. Einmal, weil ich am Kiosk Weintrauben kaufte, beim Verkäufer ungläubiges Staunen hervorrief woher ich kam, das verblüffte ihn doch.
Dann musste ich in einem Lidl - Laden meine Getränke auffüllen. Inclusive einer Flasche Rotwein für die "geschafft" - Feier. Ich stellte wie schon im Vorjahr in Frankreich fest, dass man sich grob an der gewohnten Lidl Ordnung in Deutschland orientieren kann.
Auffahrt auf eine Hauptstrasse und es ging entlang eines Industriehafens. Schiffe sah ich, nur keine Mütze Mittelmeerwasser. Dann endlich auf dem Gehweg fahrend, den Hafen mit den Kreuzfahrtschiffen, gleich danach der historische Hafen mit einem Nachbau einer mittelalterlichen Karavelle.
Gegenüber war die Altstadt zu sehen. Irgendwo da drin das Kolumbus-Haus. Es war vielleicht um 15Uhr, so beschloss ich wenigstens die Altstadt zu beschauen und das Kolumbus-Haus zu suchen, bevor ich den eigenen Schlafplatz suchen wollte.
Eine Frau, die erste die mein Reiserad auffällig musterte und würdigte, wies mir den Weg auf englisch.
Das Kolumbus-Haus wurde gerade renoviert und man wollte trotzdem Eintritt. Ich begnügte mich damit, den frei zugänglichen kleinen Garten zu besehen und eine Ecke zu finden, die nicht einzusehen ist. Entschuldige Amerika - Entdecker.
Die Altstadt hat viele "Drosselgassen" und ist interessant, aber ich war reizübermüdet und hatte noch keinen Schlafplatz.
Auf der Autokarte das eingetragene Zeltplatz - Dreieck, eine Bleistift Stärke entfernt, aber bei dem auf und ab der Küstenstrasse mit Autostau im Nacken ganz schön stressig zu fahren. Frisch war ich ja auch nicht mehr. Hier kam dann aber doch die ganze Pracht der Küste zum Vorschein.
Links die ligurischen Berge. Orte die sich einpassten in Buchten Felsen mit Häusern darauf Badestellen. Promenaden high life-Typen mit dicken Autos und dünnen Frauen neben sich. Dazwischen ich mit Fahrrad und roten Ortlieb Taschen hinten und einer Lenkertasche vorne.
Ich bin ja rücksichtsvoll, in einem Ort ein Rattenschwanz Autos hinter mir, Einbahnstrasse ansteigend Kraft abnehmend. Ich habe mein Bestes gegeben, damit die armen Autofahrer nicht ungeduldig wurden. Es hat keiner gehupt, aber auch nicht Danke oder Grazie gesagt.
Ein paar Mal habe ich nach Hotelpreisen gefragt für ** waren 70-Euro das Mindeste. Notfalls wollte ich den felsigen Strand nutzen, aber da kam der Ort Bogliasco genannt, bei km 774 mit dem Zeltdreieck. Ich habe immer nach rechts gesehen, ob da nicht eine flache Meereszunge mit Zelten darauf zu sehen war.
Meine Hoffnung war vergebens! Ein Opa, den ich fragte, zeigte hoch in die Berge - da könnte ich den Zeltplatz finden. Eine sehr steile Strasse führt da hinauf, sagte er, noch ausnahmsweise mal auf deutsch.
Mein Endkampf
Na gut, dann muss es wohl sein. Mit nur einer Pause fuhr ich die 1800m Strecke hoch. Es war wohl die steilste Strecke meiner Reise. Irgendwo stand am Felsen "noch 500m", sicher für Radler gedacht, um zum Durchhalten zu animieren.
Ein Zeltplatz war recht ok. Terrassenartig angelegt, sehr voll aber preiswert: 11-Euro die Nacht. Oben fand ich noch eine prima Stelle. Kaum hatte ich das Zelt ausgelegt, kam ich mit einem jungen Pärchen aus Amsterdam ins Gespräch. Sie machten eine Rundreise Österreich- Italien- Frankreich, aber mit dem Auto.
Wir haben noch oft über die Tageserlebnisse geplauscht. Kurz nach mir kamen drei Frauen und zwei Männer, sehr südländisch aussehend, sie waren Rucksacktouristen. Sie liessen ihre Sachen erschöpft fallen und bauten gleich neben mir auf wo eigentlich ein Weg war.
Ich dachte zuerst, hoffentlich bleiben die nicht hier. Es stellte sich heraus, dass es junge Türken aus Istambul waren. Total nett, besonders die Frauen ohne Kopftuch. Auch wir haben oft Tageserlebnisse und einmal kleine Geschenke Hörnchen gegen Fitnessriegel ausgetauscht.
Von nun ab hatte das Fahrrad ruh.
Als Tourist ohne Rad
Vielleicht interessieren meine Touristenerlebnisse am 3.8.bis 5.8.:
In der Bucht, unten im Ort, verbrachten ich am Meer zwei Tage. Das Meer hatte am zweiten Tag eine so starke Dünung, dass etliche junge Leute wellenreiten machten. Bis dahin dachte ich, das gibt es nur in Hawai.
Als ehemaliger Schwimmsportler wagte ich mich mal in Ihren Pulk. Sicher war das nicht ungefährlich. Einmal brach gerade eine Welle erfasste mich und hinter mir stieg ein junger Mann aufs Brett.
Mich riss die Welle Richtung Steinstrand, was ja interessant ist und Spass macht. Weniger interessant wäre vom Wellenreiter "überritten" zu werden oder an den Steinen unter mir eine Bauchreduktion zu erhalten.
Gegen eine Betonmole geschleudert zu werden, wäre das dritte Malheur, dass mir einfällt. Es ging alles gut eine meckernde oder um mich bangende Person war ja auch nicht bei mir.
Eine Exkursion zur Nobelbucht Portofino mit Zug Boot Pedes Bus und falschem Zug zurück ist noch zu erwähnen. Per Pedes- gings ganz schön unwegsam beschwerlich den Berg rauf.
Am Nachbarberg brannte es oben heftig, ein Löschhubschrauber später zusammen mit einem Löschflugzeug hatten den ganzen Tag zu tun. Was mache ich, wenn der Wind dreht und das Feuer in meine Richtung kommt waren - Gedanken zur Gefahrenabwehr.
Heimwärts mit Erlebnissen
Die Gesamt - Rückreise per Bahn nach Mailand trat ich am Samstag den 5.8.06 früh um 10Uhr an. Umstieg war in Genua nötig. Die Türken die auch grad auf dem Bahnhof waren, winkten mir noch freundlich hinterher.
Auf dem Bahnhofsvorplatz in Genua zerlegte gerade eine Pfadfindergruppe ihre Räder, viel kleinteiliger als ich es für den Flieger machen musste.
Ich fragte den Leiter, ob das so sein muss, er sagte ja, weil es in Italien kein Gepäckabteil gibt. Mir wurde es mulmig, mit meinem vielen Zeug war ich da nicht vorbereitet. Ich stellte mich ganz vorne hin, die Zugbegleiter standen da auch schon.
Ich habe eine prima Ecke im Zug gefunden, fürs Rad und für mich, es war auch sehr leer. Kurz vor der Abfahrt kamen die Zugbegleiter und sagten, ich müsse nach hinten. Zwei Minuten hätte ich Zeit.
Schnell auf dem Bahnsteig mit dem Fahrrad nach hinten gefahren, das klappte. Aber dann fuhr der Zug los.
Die drei schweren Ortlieb - Gepäcktaschen holte ich in zwei Etappen durch den langen Zug. Zeit bis Mailand hatte ich ja dafür. Eine Tür war zum schieben, eine ging nach innen auf, eine nach aussen - ohne System jedenfalls habe ich keines erkannt.
Italianos, die hinter der Schiebetür sassen, hätten nur den Arm austrecken müssen und ziehen haben sie aber nicht gemacht.
Vielleicht, weil sie in mir bloss einen Radfahrer erkannt haben? Was ich jetzt denke, schreibe ich hier lieber nicht auf. Komisch auch, warum gibt es in Italien nirgends die Schilder:
"vermiete Zimmer", kann ja ruhig preiswert sein? Viele Häuser sehen so aus als könnten sie zur Renovierung Touristen - Geld gebrauchen.
Mailand habe ich nur kurz besehen. Meine Begeisterung hielt sich in Grenzen, deshalb fuhr ich bald zu Bahnhof zurück, wo rechts daneben die Zubringer-Busse zu Flughafen nach Bergamo starten, stündlich und preiswert.
Das Fahrrad passte ohne Zerlegung in das Gepäckabteil. Nach Bergamo ist es ein beachtliches Stück Autobahnfahrt. Am Flughafen fragte ich beim Tourismus Büro nach Unterkünften und bekam mehrere mit Preisen genannt, dazu einen Stadtplan.
Wieder etwa 6km mit dem Rad unterwegs in die Neustadt. Der Preis des ersten Hotels akzeptabel, eingecheckt, geduscht und auf Entdeckung gegangen.
Ich glaubte mit der Stadt wäre nicht viel los: Irrtum. Nachdem ich die Neustadt durchwandert war, sah ich vor mir am Berg mächtige Kasematten. Ich lief meiner Intuition nach und kam in die wunderschöne Altstadt auf dem Berg.
Irgendwo war eine Inschrift der ich entnahm, dass hier eine Schlacht getobt haben muss, für oder gegen Napoleon oder im ersten Weltkrieg ich konnte es nicht entziffern.
Jedenfalls ist Bergamo ein Tor in die Alpen. Hier noch alles flach, aber gut zu sehen die Berge der Alpen.
Mit einer Zahnradbahn fuhr ich vom Alstadtberg später wieder herunter, nur wenige Menschen fuhren in meine Richtung, aber für die Gegenrichtung da standen sie Schlange, die Südländer. Es war ein lauschiger Samstagabend und oben gabs Restaurants ohne Ende.
Trotzdem beim Eintritt immer die Frage nach der Bestellung und dem aus alten DDR Zeiten bekannten Plazierungsgebot. Auch in der Neustadt war ordentlich was los.
Ich liess mich treiben, als ich zum Hotel wollte, hatte mich mein Orientierungssinn verlassen. Eigentlich bin ich stolz auf ihn, meist funktioniert er bestens. Den Namen des Hotels hatte ich mir erst gar nicht gemerkt.
Ich irrte vielleicht eine halbe Stunde umher, ich wusste das Hotel ist in einer Parallelstrasse zu einer Bahnlinie. Diese Strasse wird geschnitten von einer die neuen Asphalt bekommt.
Ich fragte ein junges Paar in einer dunklen Gegend, die grade aus einem Döner-Laden kamen auf englisch nach der Bahn. Ich merkte aber bald, dass das Russen waren. So war unsere Kommunikationsmöglichkeit erweitert, denn russisch habe ich noch etwas drauf.
Aber mit Station wussten sie nichts anzufangen und mir fiel Woksal nicht ein. Die Frau sagte plötzlich, ach egal komm mit in mein Hotel. Was konnten sie vorhaben? Ich vermute russische Gastfreundschaft ausüben.
Ein junger Italiener wusste auch nichts von Station, aber bei Stazione da funkte es. Gleich um die Ecke nach 100m die Strasse mit dem neuen Asphalt und 100m weiter mein Hotel.
Also wieder recht gute Orientierung, aber nur 95 was leider hier nicht gereicht hat!
Das letzte Hindernis, das vermeintlich meiner Rückkehr nach Deutschland entgegenstand war, am nächsten Vormittag beim Einchecken. Bei Air Berlin bekam ich die Aufkleber und musste diagonal durch den Saal das Gepäck abgeben.
Nicht wie in Schönefeld oder Tegel kam das Fahrrad durch eine Tür nach innen, sondern ich musste es auf ein Förderband aus Eisenrollen legen.
Am Ende befand sich der Röntgenapparat. Jedoch passte das Rad da nicht rein. Kurzerhand bekam ich es zurück mit vielen italienischen Begleitworten. Englisch, nitschewo tedesco auch nicht.
Der Sicherheitsmann machte Lippenbewegung und verwies mich zum Schalter von Air Berlin zurück. Gott sei Dank, konnte die Frau deutsch und reagierte auch prompt. Ich sollte warten. Aber es dauerte.
Mir wurde schon komisch, sah den Flieger ohne mich starten. Dann endlich kamen zwei Gendarmen, die wohl die Schlüsselgewalt über die Tür neben dem Förderband hatten. Sie machten die Tür auf, es gab Alarm und das Fahrrad verschwand in der Sicherheitszone.
In Berlin kam alles gemeinsam an, erst da war ich richtig froh.
Fazit
Soweit der Reisebericht meiner Haupt - Radtour 2006. Ob ich noch einmal auf 2000 m über NN fahren werde, ist nicht sehr wahrscheinlich, das aber nur aus Zeitgründen!
Sonst ist es gar nicht so strapaziös wie vorher angenommen. Eine Fortsetzung in Genua kann ich mir gut vorstellen. Das Moped- und Autofahrerland Italien habe ich ja von dort in Richtung Frankreich bald verlassen.
Vielleicht ist Frankreich fahrradfreundlicher oder Spanien oder Portugal. Eine Umrundung halb Europas in Jahresetappen dazu hätte ich schon Lust.
Bis auf einen wackelnden Gepäckträger am Ende meiner Reise hatte ich kein Malheur. 19-20 km/h zeigte meist der Tacho an in den Bergen manchmal nur 5-7km/h.
Die komplette Gesamtstrecke betrug 851km
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